Sonntag, 13. Februar 2011

Warum wir Generationengerechtigkeit fordern und dennoch nicht danach Leben

Generationengerechtigkeit ist ein Begriff im Aufwind. In der Politik ist er zum Schlagwort geworden, das gerne zur Rechtfertigung politischer Projekte verwendet wird. Der Begriff unterscheidet sich von „Nachhaltigkeit“ vor allem dadurch, dass durch den Bezug auf Generationen konkrete Menschen angesprochen werden, während Nachhaltigkeit ein abstraktes Konzept bleibt. Unter Politikern ist es daher schick geworden, zu behaupten, dass z.B. die Konsolidierung des Haushaltes und der Schutz des Klimas im Namen künftiger Generationen vorangetrieben werden, für die wir heute lebenden Menschen eine Verantwortung haben.

Diese Verantwortung für künftige Generationen existiert unbestritten. In Zeiten des menschengemachten Klimawandels ist sie mit Händen zu greifen. Noch nie zuvor in ihrer Geschichte hatte die Menschheit die nötigen technologischen Mittel, um das Leben künftiger Generationen über Jahrhunderte hinaus zu bestimmen: gefällte Bäume wuchsen nach, niedergebrannte Städte wurden wieder aufgebaut. Die Bedrohungen durch Atomwaffen, den Klimawandel, und die Ausbeutung natürlicher Ressourcen sind jedoch dauerhaft. Werden wir unserer Verantwortung für künftige Generationen, die daraus erwächst, gerecht?

Die Antwort lautet leider nein. Denn jedes Mal, wenn diese Verantwortung uns etwas kosten könnte, verschieben wir die Probleme von heute lieber auf morgen. In Krisenzeiten werden Klimaziele für die kurzfristige Förderung rückständiger Industriezweige im wahrsten Sinne des Wortes abgewrackt. Es ist auch kein Zufall, dass die Verhandlungen für einen Nachfolger des Kyoto-Protokolls in Kopenhagen 2009 und in Cancún 2010 im Schatten einer weltweiten Wirtschaftskrise gescheitert sind. Denn, machen wir uns nichts vor, auch in Cancún hat die Weltgemeinschaft entschieden, dass den Wählern von heute in wirtschaftlich schlechten Zeiten keine nennenswerten Bürden auferlegt werden sollen, um künftigen Generationen einen lebenswerten Planeten zu erhalten.

Gleichzeitig hat sich die Nutzung des Begriffes Generationengerechtigkeit in den Wahl- und Parteiprogrammen der deutschen Parteien vervielfacht. In der Praxis hat dies wenig geändert. So wird gerade im Bereich der Staatsverschuldung eine Phantomdebatte geführt, bei der dem Wähler vorgegaukelt wird, ein strikter Sparkurs sei im Sinne künftiger Generationen. Dabei bereiten Staatsschulden an sich künftigen Generationen nur wenig Kopfzerbrechen. Der deutsche Staat verschuldet sich vor Allem bei seinen eigenen Bürgern, die fleißig Schatzbriefe kaufen. Die Gesellschaft als Gesamtes wird dadurch auch in Zukunft nicht ärmer. Der wahre Schatz, den wir für künftige Generationen bewahren müssen, ist ein handlungsfähiger Staat. Ein Staat, der sich so hoch verschuldet hat, dass er nicht mehr handlungsfähig ist, wäre ein echtes Problem für künftige Generationen. An die Verabschiedung von Konjunkturpaketen zur Ankurbelung der Wirtschaft in Krisenzeiten, wie heutzutage, wäre nicht mehr zu denken. Es zeigt sich bereits, dass sich die öffentliche Hand aus immer mehr Aufgabenbereichen zurückzieht. Trotz Konjunkturpaket hat sich an der grundsätzlichen Unterfinanzierung des Bildungssystems und der Kindergärten und –krippen nicht viel geändert. Der letzten Bundesregierung waren Kinder im Rahmen ihres Konjunkturpaketes zusätzliche Direktausgaben von 100 € pro Kind wert. Ein neues Auto wurde mit 2.500 € bezuschusst. Auch hier geben wir das Geld also im Zweifel lieber für Dinge aus, die uns heute nützen, wie Neuwagen und Jobs. Sparen an Zukunftsinvestitionen wie Bildung und Kinderbetreuung fällt uns dabei nicht schwer.

Dabei sind wir, als heute lebende Generation, in der Pflicht, künftigen Generationen mindestens die gleichen Möglichkeiten zu hinterlassen, die wir selbst hatten. In den Bereichen Klimawandel, Staatsverschuldung, Energiepolitik, Umwelt- und Artenschutz sowie schonender Ressourcenverbrauch reden wir gerne über diese große Verantwortung. Danach zu handeln liegt uns leider nicht.

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